Nach Sci-Fi kommt Cli-Fi

Der Klimawandel eignet sich herrlich für düstere Stories, ob in Büchern, Filmen oder Games. Doch noch ist die Climate Fiction oder auch “Cli-Fi” eine ziemliche Nische. Und was kann das neue Genre – wenn es denn eines wird – wirklich leisten? Vermittelt es Wissen über das Problem oder liefert es nur das Szenario für die zeitgemäß schöne Katastrophe?

Beitrag für Deutschlandradio Kultur | Kompressor | 20.4.2015 | 14:37

Manuskript:

Schmelzende Polkappen, verheerende Tropenstürme, Dürreperioden nie gekannten Ausmaßes: Mit Klimawandel verbinden wir echte Horrorszenarien, wie gemacht für die Verarbeitung in Filmen, Büchern oder Games. Nach Sci-Fi kommt in den USA tatsächlich eine neue Welle, Cli-Fi. Es steht für Climate Fiction. Anja Krieger über das noch ziemlich junge Genre.

Es ist eine indische Aufklärungsdrohne. Der Solarstrom könnte eine ganze Farm versorgen.

Der Weltraumfilm „Interstellar“ lockte in diesem Winter Millionen von Menschen in die Kinos. Irgendwann in der Mitte des 21. Jahrhunderts haben die Menschen keine Wahl mehr: Sie können die vertrocknete und zunehmend fruchtlose Erde kaum mehr bewirtschaften. Sandstürme und Dürre bedrohen die Zivilisation, und es bleibt nur ein Ausweg: Die Erde verlassen und nach neuen bewohnbaren Planeten suchen. Zufällig tut sich in der Nähe des Saturns ein Wurmloch auf, und ein paar Astronauten machen sich auf eine Reise ohne Rückkehr.

Wir dürften nicht als Individuum denken, sondern als Spezies.

In „Interstellar“ lässt sich nur erahnen, dass es die Menschen selbst waren, die ihren Heimatplaneten zerstört haben. Der Klimawandel steht als unausgesprochenes Ereignis im Hintergrund der Story und wird zum tragenden Element. Auch in der Literatur taucht das Thema immer öfter auf, beobachtet der in London lebende Autor Daniel Kramb.

Für mich sind Geschichten allgemein der beste, vielleicht sogar der einzige Weg, wie wir versuchen können, uns diesem unglaublich großen Thema anzunehmen, ja? Der Klimawandel ist so abstrakt und fühlt sich oft so weit weg an von unserem normalen Leben, es ist so schwer überhaupt eine Konversation über dieses Thema zu führen.

Daniel Kramb will diese Konversation beleben.

So, what do you think about climate change?
We are no longer using the phrase; no one here is…

In seinem Buch „From Here“ beschreibt er, fernab des Weltraums, wie der Klimawandel die Menschen auf der Erde beschäftigt.

Die kommen zusammen als Gruppe und fragen sich, wie kann man denn jetzt wirklich politische Handlungen erzwingen, in einer Welt, wo Massendemos nichts mehr machen, wo Menschenketten um Kohlekraftwerke nichts mehr wirklich erzwingen, was können wir als normale Menschen eigentlich noch tun?

In seiner Geschichte bringt Kramb einen Exbanker, die Supermarkt-Kassiererin und die typische Großstadt-Hipsterin zusammen, und versucht eine Art „Kampagnenroman“ zu schreiben. Aber kann die Fiktion die reale Debatte um den Klimawandel beeinflussen, konstruktiv sogar? George Marshall vom britischen Climate Information Outreach ist da eher skeptisch.

Wenn man an den Klimawandel glaubt und dafür Leidenschaft hat, wird einen das sicher interessieren, anregen und motivieren. Aber es gibt auch Leute, die glauben, dass der Klimawandel ein Mythos ist, ein falscher Alarm. Und wenn sie ihn dann in der Kunst oder in Science Fiction sehen, bestätigt es ihre Idee, dass das eine Fantasie ist.

Ironischerweise ist der bisher wohl erfolgreichste Cli-Fi, der Roman „Welt in Angst“ von Michael Crichton, eine Geschichte, in der der Klimawandel selbst Fiktion ist.

Es geht da um eine Verschwörung von Umweltschützern, die diese Angst um den Klimawandel aufbauen, um die Regierung zu übernehmen. Das ist auch Klima-Fiktion! Wir suchen uns die Geschichten aus, die das, was wir sowieso glauben, nochmal bestärken.

Eigentlich, sagt George Marshall, müssten Klimafiktionen Utopien sein, die davon erzählen, wie es die Menschen am Ende doch geschafft haben – und nicht Dystopien, in denen nur die planetarische Apokalypse folgt. Nur sei das leider kein Stoff für gute Geschichten.

Wenn Autoren oder Schriftsteller Solarpanele und Windräder thematisieren, dann gibt das eben nicht so aufregende Dramen her, wie wenn es um den Kollaps geht.

Autor Daniel Kramb bleibt trotzdem dran. Sein nächstes Buch soll eine Utopie werden, in der Lösungen aufgezeigt werden, statt das Ende der Welt. Über seine literarische Auseinandersetzung mit dem Klimawandel hofft Kramb, mehr Menschen für das Thema zu begeistern. Von seinem Buch hat er im Selbstverlag bisher nur einige hundert Exemplare verkauft. Davon leben kann er nicht. Doch Kramb ist sich sicher, dass Climate Fiction in Zukunft noch groß heraus kommt:

Dann wird es irgendwann zu dem Moment kommen, wo der Klimawandel so großen Einfluss auf unser Leben hat, dass man als Schriftsteller wahrscheinlich gar nicht mehr darum kommt, über den Klimawandel zu schreiben, weil der Klimawandel in dem Leben normaler Menschen eine immer größere Rolle spielt. Und dann sind vielleicht bald irgendwann alle Romane Klimawandelromane.


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