Meeresforscher in der Grundschule

Radiobeitrag für die Sendung “Zeitfragen”
Deutschlandradio Kultur | 14.02.2017 | 19:15 | 5 Min.

Was macht der denn da? – Der? Der klickert, der schickt Schall, der macht so (schnalzt mit der Zunge)
Der schickt, der gibt so Klicks ab, und die treffen auf irgendwas und dann gibt’s ein Echo, ne? Weißt du was ein Echo ist?

Mittwoch früh in einer Grundschule in Berlin. Fabian Ritter sitzt mit Schülern der ersten Klasse vor einem Bilderbuch mit Meerestieren. Einige der Wale und Delphine hat der Meeresbiologe schon selbst gesehen, bei seiner Forschung auf den kanarischen Inseln.

La Gomera, Teneriffa? War schon mal jemand auf Teneriffa? Genau. Das sind Inseln im Atlantik und wir fahren da mit so kleinen Booten raus, dabei kann man die natürlich super beobachten, wir schreiben dann immer genau auf, was haben wir gesehen, wie viele Tiere waren das, und betreiben halt Forschung.

Den Rest des Jahres arbeitet Ritter als freier Berater für Meeresschutz. Dass er heute in der Schule ist, hat die Forschungsbörse organisiert. Im Rahmen des Wissenschaftsjahrs der Meere und Ozeane kommen jetzt auch Meeresforscher direkt in die Klasse.

Die große Begeisterung aufzufangen, das ist glaub ich, generell, das gilt für Erwachsene und für Kinder und ihnen gleichzeitig so’n bisschen Werkzeug oder Ideen mitzugeben, was sie selber tun können, damit aus einer Begeisterung und einer Betroffenheit auch, eine Aktion wird und man merkt, man hat das selber auch ein bisschen in der Hand, wie verhalt ich mich selber, und wie wirkt das auf die Umwelt oder eben auch so quasi entfernte Lebensräume wie das Meer… Aber bevor wir loslegen, wollte ich gern mit Tönen anfangen (Klicken Computer, Kind kichert, Walgesänge)

Die Jalousien sind zu, das Klassenzimmer dunkel. Mit geschlossenen Augen lauschen die Kinder den Gesängen der Tiere aus Fabian Ritters Laptop.

(Klicken Computer) Na, wie war das? – Lustig, cool…!

Jetzt sind die Sechsjährigen ganz Ohr. Fabian Ritter stellt den Beamer an und erklärt, was verschiedene Wal- und Delphinarten ausmacht. Die Klasse staunt über die Fotos. Die Erstklässler löchern den Forscher mit Fragen zur Größe und Gewicht der Tiere. Dann holt Fabian Ritter einen alten braunen Lederkoffer aus der Ecke und stellt ihn auf den Tisch. Ohne zu schauen dürfen die Kinder eins nach dem anderen hineingreifen.

Ich verrat euch jetzt aber nicht, was in dem Koffer ist, das sind nämlich lauter Überraschungen! Oh, was haben wir hier? – Ein Pottwal!!! – Ein Pottwal, ist das ein Pottwal? – Nein! – Ganz typisch, schwarz-weiß, riesengroß – Orca! –Ein Orca, ein Schwertwal, genau!

Im Koffer liegen auch ein Kamm und eine Zahnbürste, denn es gibt Barten- und Zahnwale. Und ein kleiner Stein mit einem alten Fossil. Denn Wale und Delphine leben schon viel länger auf der Erde als die Menschen, erklärt Fabian Ritter. Wir als Neuankömmlinge sollten ihren Lebensraum deshalb schützen.

Okay, also was kann man denn tun, auch wenn wir hier in Berlin ziemlich weit weg sind vom Meer, haben wir doch schon auch einen Einfluss aufs Meer. Weil, alles was bei uns im Klo landet oder im Ausguss, das landet irgendwann in den Flüssen, das ist so, und alle Flüsse fließen ins? – Meer.

Also sollte man darauf achten, was man benutzt und wegwirft. Auf Plastiktüten könne man verzichten, erklärt Fabian Ritter. Und wenn man Fische esse, dann am besten den ohne Beifang von Delphinen.

Manchmal esse ich ne Forelle, aber nicht sehr oft. Nur eine Packung. Ich tu’ in einem Jahr nur, wenn’s hoch geht, zwei Forellen nur essen. – Ok…das ist super, denn wenn das alle so machen würden wie du, dann bräuchten wir gar nicht so viel Fisch, also, das, da könnt ihr euch ein Beispiel dran nehmen.

Mit der Diskussion in der Klasse möchte der Meeresbiologe gleichzeitig auf die Faszination wie auf die Bedrohung der Meeressäuger aufmerksam machen.

Das ist eine hochentwickelte, sehr komplex agierende, sehr intelligent und sehr fühlend und vermutlich oder deutlich auch mitfühlende Lebensform, die sich da entwickelt hat. Mit Gemeinschaften, die echte Freundschafts-Gemeinschaften sind, echte Familien-Gemeinschaften sind, was man im Tierreich nur an wenigen Stellen finden, und im Meer schon ganz, ganz selten. Also, eine Intelligenz, die offensichtlich ist, aber eine ganz anders als unsere. Und diese Gleichheit oder Ähnlichkeit, aber auch die Unterschiede, das find ich total faszinierend.

Für Fabian Ritter ist es nicht der erste Besuch in einer Schule. Aber bei Erstklässlern war er bisher noch nie zu Gast. Dass der Meeresbiologe einen Riesenspaß daran hat, sein Fachwissen mit anderen zu teilen, ist nicht zu übersehen.

Und gleichzeitig muss man heutzutage auf Umweltprobleme aufmerksam machen. Und diesen Übergang zu schaffen, das funktioniert im Grunde wiederum sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern so, indem man eine Begeisterung erzeugt, oder eine, die schon da ist, bisschen aufflammen lässt, mit schönen Bildern, mit Anekdoten, mit Geschichten, die einfach interessant sind. Und dann aber auch sagt, so, es ist nicht alles fein. Delphine und Wale sind wahnsinnig interessant, sind wahnsinnig faszinierend, aber sie sind auch sehr, sehr stark bedroht.

Fabian Ritter will die Schüler für Natur und Umweltschutz begeistern, ohne die schwierigen Seiten auszuklammern. Und das gelingt dem Meeresbiologen wirklich gut.

Bild oben: Meeresbiologe Fabian Ritter (Whale and Dolphin Conservation) mit Schülern der Berliner KreativitätsGrundschule Friedrichshain


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Comments

One response to “Meeresforscher in der Grundschule”

  1. Christine Hartmann

    Es ist gut, dass Kinder so an Umweltschutz herangeführt werden. Herr Ritter hat das sehr gut rübergebracht. Für uns, als Großeltern, ist es besonders schön, da unser Enkel in dieser Unterrichtsstunde dabei und sehr begeistert war. Weiter so!